Dienstag, 2. September 2014

Ausflüge in die Dreidimensionalität. [21]

Geekig nerdiger Buchstabierwettbewerb – oder: Hässlich gewinnt!
Vor etwas längerer Zeit wurde von den Betreibern des Online-Spiels Star-Trek-Online ein Wettbewerb gestartet, mit dem Ziel eine neue Enterprise durch die Spieler/Fans gestalten zu lassen. Beschränkt auf US-amerikanische Teilnehmer wurden anno dazumal eine Vielzahl unterschiedlichster Entwürfe eingereicht, die allein bezogen auf das erwähnte Spiel, das Design der nächsten Enterprise wettbewerbstechnisch finden sollten. Mittlerweile wäre das ja schon die Große E mit dem zählenden Buchstaben F in der Registrierung – und sollte ein Ausdruck sein dafür, wie sich fiktives Design fortentwickelt. 
War die erste Fernseh-Enterprise gestalterisch ein Stiefkind ihrer Zeit und Ausdruck von Budgetbegrenzung und bestechend schöner Schlichtheit, sah man in der Folgezeit ihre Nachkommen über Leinwand und Mattscheibe flimmern. In den ersten ST-Filmen flog dann eine stark renovierte...äh, generalüberholte Enterprise durchs All und Ende der 80er folgte dann die m.M.n. wunderschöne Enterprise D. Zwar nur kurz zu sehen waren auch die Schiffe mit den Endungen B und C. Eines gemeinsam ist allen bis zu diesem Punkt: sie bilden ein schlüssiges gestalterisches Kontinuum im Rahmen der fiktiven Geschichte. Mit jedem neuen Buchstaben bzw. jeder weiteren Generation sieht die Enterprise moderner aus, stellt technischen und wissenschaftlichen Fortschritt dar und ist Symbol einer voranschreitenden Entwicklung. Jetzt könnte der aufmerksame Nerd geifernd fragen "...und was ist mit der Enterprise E???" Meine Antwort würde lauten: irgendwie ein gestalterischer Rückschritt (wie auch [fast] alles aus dem JJ.Abrams-Reboot-Universum)!
Was reitet mich, diese Meinung zu haben? Ganz einfach: der NCC-1701-D sieht man an, daß sie ein hochkomplexes Gebilde sein soll. Alles was zu Kirks Zeiten noch irgendwie globig, voluminös und plump dahergekommen ist, sieht bei diesem Schiff optimiert und fortschrittlich aus. Es wird glaubhaft aufgezeigt, daß die Technologie in den knapp 100 Jahren, die zwischen ST-TOS und TNG liegen, einen Sprung nach Vorn gemacht hat. Die Warpgondeln zum Beispiel sind im Verhältnis zum Rest kleiner, alles wirkt organischer und sehr elegant bei Schiffen der sog. Galaxy-Klasse. Die nachfolgende Enterprise mit der Registriernummer NCC-1701-E wirkt dagegen zwar rasanter, aggressiver und schnittiger, negiert jedoch scheinbar jede Fortschrittlichkeit im Design. Warum sind die Warpgondeln nun wieder so groß? Warum so viele Kerben, Schnörkel, Sicken und Firlefanz statt der harmonisch glatten Oberflächen? Für sich genommen und losgelöst finde ich diese Gestaltung zwar ansich gelungen – zusammen mit ihren Vorgängerinnen aufgereiht zum Vergleich jedoch fällt sie aus dem Rahmen. Als würde man aus Jux und Dallerei im 21. Jahrhundert wieder eine gotische Kathedrale mit Barock-Interieur errichten, nur weil die irgendwie mehr Eindruck machen als z.B. ein Bauhaus-Gebäude.

Warum nicht mal richtig hässlich?
Proportionsgefühl, wo bist du...?
Zurück zum oben schon erwähnten Wettberwerb "Design the next Enterprise": Da Schimpfwortkaskaden und Fäkalausdrücke immer diskreditierend rüberkommen, spar ich mir das und fasse vorab zusammen: Der Siegerentwurf ist hässlich...pottenhässlich!
Es zeigt m.M.n. vor allem eins auf: Geschmack und Gespür sind nicht jedermanns Sache und sollte denen überlassen bleiben, die Birne und Apfel eindeutig voneinander unterscheiden können.

Diese "Uglyprise" passt gut zu dem, was seit 2009 unter "JJ-Enterprise" firmiert und ebenso unproportioniert über die Leinwand flimmert. Nichts wirkt stimmig, keine Entwicklung ist sichtbar und alles wirkt uninspiriert zusammengeklaubt. Die Untertassensektion ist der Voyager entliehen, die Hauptshuttlerampe stammt von der Enterprise-D usw. usf. Ich kann mich auch täuschen, aber der "Siegerentwurf" sieht aus, wie ein richtig misslungenes Morphing-Experiment und die beiden Verbindungsstreben, die die Untertassensektion mit der Antriebssektion verbinden, spotten sowieso jeder sinnvollen Beschreibung. Alles in allem, wirkt das Ding zusammengeschustert, unnötig aufgeplustert, verkrampft und unausgewogen und erinnert an einen ekelhaften Unfall im Weltraum, beim Versuch immer noch mehr Schnickschnack und Firlefanz zwanghaft unterbringen zu müssen... Immerhin hört einen dort niemand vor Verzweiflung schreien!

Schon etwas arrogant aber wirklich besser...
Ich bin der hinten links in der letzten Reihe!
Da man als Europäer an dem schon erwähnten Wettbewerb nicht teilnehmen durfte und – jetzt bin ich mal ehrlich – mein Interesse an Computerspielen bei Tetris stehengeblieben ist, ließ ich mich auf die Schnelle nicht lumpen und habe einen eigenen Entwurf erstellt. Sicherlich gäbe es an der einen oder anderen Stelle noch Details zu überarbeiten oder zu ergänzen (Fenster…?!) und hier und da würde ich bei Gelegenheit nochmal ran müssen – aber insgesamt sieht mein Baby nicht nur aus jedem Winkel besser aus, sondern reiht sich schlüssiger ein in die bestehende Gestaltungsreihe...
Alles fließt!
La vie en gris et bleu!
Prinzipiell habe ich keine großen Experimente angestellt: Anstatt verbissen nach immer obskureren Formen zu suchen, wie die Untertassensektion geformt sein könnte, ist meine im Grundriss wieder ein Kreis und verschmilzt in einer fließenden Bewegung mit der Antriebssektion, von der wiederum in einer ebenso dynamischen Bewegung die Pylonen mit den verhältnismäßig kleinen Warp-Gondeln abwinkeln. Und um der ideologischen Bedeutung Star Treks gerecht zu werden, ist mein Entwurf keine waffenstrotzende Trutzburg, sondern ein Ausdruck der Offenheit und des Fortschritts. Der Entwurf ist zwar groß, aber besitzt nur 6 Phaserbanken und 2 Torpedobatterien. Bei den Phaserbanken bin ich einen neuen Weg gegangen: um die Anzahl zu verringern, sind diese anders angeordnet und folgen den Diagonalen des Konstrukts. In der Draufsicht erblickt man somit einen Kreis, der durchschnitten wird von einem X...das dazu. 
Bevor es noch geekiger wird, lass ich Bilder sprechen und verweise auf einen möglichen späteren Ausbau des Entwurfs. 

Ach ja: Ich verdiene keinen Cent an diesen spaßigen Spinnereien – sollte es mal Fragen geben wegen der Verwendung von Namen, Zahlen und Bezeichnungen...

(D.P.)

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